In den Vereinigten Staaten tobt der Wahlkampf und Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat bereits viele interessante Ideen präsentiert, welche das Land unter seiner Führung denn vornehmen würde.
Diese enthalten u.a. eine Mauer an der Grenze zu Mexiko, natürlich auf Kosten des abzugrenzenden Nachbarlandes. Ein guter Zeitpunkt also, noch kurz vor Baubeginn das „unberührte“ Mexiko kennenzulernen, um dann zu sehen, wie treffend Netflix’ Erfolgsserie „Narcos“ den selten idyllischen Nachbarn im Herzen Amerikas abgebildet hat.
Ist ja ein wenig so wie Kuba, nur andersrum: Statt der Öffnung und der vermeintlichen Verwässerung der dortigen Verhältnisse durch amerikanische Einflüsse ist Mexiko eventuell bald auf sich alleine gestellt. Und damit auch isoliert vom größten Abnehmer der beliebten Exportspezialität in weißer Pulverform.
Müsste man eventuell wieder durch den Einsatz von Versorgungsflugzeugen regeln, hat in Berlin während der Blockade und nach dem Bau der dortigen Mauer auch gut funktioniert. Zuvor heißt es erst einmal ankommen.
Das Land ist sehr (sehr) groß, von Irland bis Griechenland passt hier flächenmäßig ganz Europa hinein.
Selbst mit drei Wochen Zeit und einer Vielzahl von nationalen Flügen und Bustouren ist eine angemessene Erschließung leider nicht möglich, daher wird von meinem einheimischen Begleiter Juan empfohlen: Gar nicht erst probieren. Das nimmt schon etwas von dem Freizeitstress. Schließlich steht noch eine Hochzeit auf dem Plan. Und Strand. Und Ruinen. Und Road Trips an der Riviera Maya. Und viel, viel Essen, schließlich ist die mexikanische Küche nicht umsonst Weltkulturerbe.
Als Einreisender wird man erst mal von einer Zollampel willkommen geheißen. Rot oder Grün bedeuted hier: Gepäckinspektion oder nicht. Wir haben grüne Welle und verlassen damit nur knapp 15 Minuten nach Landung den Flughafen. Nach einer 24 stündigen Reise eine beeindruckend schnelle Prozedur, angesichts unserer nächtlichen Ankunftszeit ein Geschenk der (Maya-)Götter.
Im Auto geht es in eine Wohnsiedlung im Nordosten, gelegen in einem Vorort, ca. 30 Minuten vom Zentrum der Hauptstadt entfernt. Der erste Eindruck bei der nächtlichen Ankunft wird am nächsten Tag bestätigt: Wir befinden uns in einer bourgeoisen Gegend, voll stattlicher Häuser, von welchen keines dem anderen ähnelt. Von Kulturschock noch keine Spur, eher ein Anfall architektonischer Epilepsie, wie es Juans Bruder – ein Architekt – sehr passend ausdrückt.
Noch immer ein wenig wie zu Hause: sehr sauber alles, mit dem Unterschied, dass die Leute besonders freundlich und respektvoll sind. Eine Weile lang bewegen wir uns zwischen mehreren Siedlungen, die allesamt nur mit Einlasskontrolle zu betreten sind. Schnell wird klar: Zumindest hier draußen ist Fortbewegung ohne Auto unmöglich. Auf dem Weg über Reithöfe und kleine Wälder zu riesigen Malls sehe ich keinen Bus oder Fahrradfahrer (was bei der hügelreichen Landschaft zugegebenermaßen der Tour de France ähneln würde).
Damit ich nicht vergesse, dass ich eigentlich schon im Herzen Mexikos bin, versammelt sich die ganze Gastfamilie zum gemeinsamen Essen und präsentiert: Tortitas de Tinga. Jeder bekommt kleine Fladen aus Mais, die es reichlich zu befüllen gilt. Nach dem ausgiebigen Quesadilla-Frühstück weiß ich, dass am Essen hier nicht gespart wird. Neben Salat, Bohnenmus und Käse gibt es heute auch fein zerlegtes Fleisch (Huhn, Rind und Schwein) mit Tomate, Zwiebeln, Knoblauch und Chipotle Chili.
Das ist so gut, dass ich am liebsten ein Foto machen möchte, um meine Freude in traditioneller Manier (Link zu Glücklich sein) mit Lesern und Freunden zu teilen. Eine Schande, dass ich viel zu beschäftigt mit Essen bin, um dieser weitverbreiteten Unart nachzukommen. Stattdessen wage ich es, eine der beiden hausgemachten Soßen zu probieren (scharf und extrascharf), da sie mir als „die Milde“ verkauft wird. Ein fatales Missverständnis.
Während der temporären Atemnot fühle ich mich an ein Bild der Webseite 9gag erinnert: „No pica = It’s not spicy!“ (a Mexican that’s lying to you). Trotz der sich verselbständigenden Geschmacksnerven muss ich zugeben, dass der scharfe Touch nicht ohne Reiz ist.
Das angekündigte „sobre mesa“, ausgiebige Gespräche und langes Beisammensitzen nach dem Essen, wird heute nicht zelebriert – der Jetlag ist noch nicht überwunden. Und so endet der Tag nach traditionellem Essen, Spaziergängen zur Erkundung der Gegend und dem Kauf der typischen Herrenhemden Guayabera (für eine Strandhochzeit muss man gut gewappnet sein) mit dem TV Duell von Hillary Clinton und Donald Trump. Die Meinung meiner Gastfamilie ist klar: Hillary schlägt sich besser.
Plötzlich vibriert mein Telefon: Juan’s Vater hat mir Mexikos Einwilligung zur Errichtung der großen Mauer geschickt – nach der altbewährten Territorialverteilung. Es würde auch gerne dafür bezahlt werden… und nun die Frage: Wann räumen die Amerikaner in den betroffenen Gebieten bitte ihre Häuser? Ich muss schmunzeln, als dich die Karte sehe….
Vielleicht kommt Trump’s Mauer doch nicht. Aber wenn man schon mal hier ist, mal sehen, was die nächsten Wochen bringen… Ach ja, das habe ich bei meinen Recherchen auch noch gefunden… einfach grossartig. Die Welt nach Trump:
Bild: ; Huffington Post (Trumpkarte)
Teil 1 | Donald Trump im Guayabera
Teil 2 | Die Stadt der unrechten Winkel
Teil 3 | Von Erdbebenopfern und Kinderhelden
Teil 4 | Das Venedig der Azteken