Die Welt ist voll von schlechten Nachrichten. Und jetzt auch noch das:
Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nutzt ein Viertel der deutschen Arbeitnehmer ihre Arbeitspausen selten oder nie; 20 Prozent nehmen sie lediglich verkürzt in Anspruch. Dabei scheint vielfach vergessen, dass Pausen eine soziale Errungenschaft sind und keineswegs ein naturgegebenes Menschenrecht. Sie mussten mühsam von Gewerkschaften erkämpft werden, um erst Anfang der siebziger Jahre ihren absoluten Höhepunkt zu erfahren, jedenfalls was die arbeitsrechtliche Anerkennung angeht.
Über vierzig Jahre später ist für viele Deutsche nach Angaben einer repräsentativen Studie von TNS Infratest sogar die Mittagspause überflüssig geworden. Schuld ist häufig die betriebliche Organisation oder das Berufsfeld, wegen der eine klassische Pausenregelung kaum möglich ist. Für andere wiederum – und passend zur Haltung einer wachstumsfixierten Ökonomie – fehlt einfach die Zeit. Wer sich jene Unterbrechung des Arbeitstages doch anmaßt, bei dem muss es schnell gehen.
Das erklärt vielleicht auch, wieso der „Sad Desk Lunch“, also das sprichwörtliche traurige Mittagessen am Schreibtisch, auf diversen Fotoblogs gerade Furore macht und doch eine ganz schlechte Gewohnheit ist. Schon die hellsichtigen Geister der Antike wussten, dass Körper und Geist schöpferische Pausen brauchen. Inzwischen wurde diese Weisheit auch von der Wissenschaft entdeckt.
Heute sind sich auch Arbeitspsychologen und Mediziner einig, dass regelmäßige Arbeitsunterbrechungen für Erholung sorgen. Denn „das konstante Auslassen von Pausen kann zu chronischen Stress und Überbelastung führen und somit die Gefahr von Fehlern bei der Arbeit erhöhen“, sagt Professor Theo Peters, Leiter der Forschungsgruppe Experimentelle Gesundheitsforschung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
Gesetz regelt Pausen
Deswegen hat in Deutschland jeder Berufstätige bei mehr als sechs Stunden Arbeitszeit ein Recht auf 30 Minuten Pause. Wer länger als neun Stunden arbeitet, darf sogar 45 Minuten pausieren, (§ 4 ArbZG). Diese müssen aber nicht am Stück, sondern können auch in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Alles, was kürzer als eine Viertelstunde ist, gilt nicht als Pause und darf nicht zur Pausenzeit herangezogen werden.
Wann man Pause macht, bestimmt Ihr Arbeitgeber. Was Sie mit der Pause anfangen, ist allein Ihre Sache.
In bestimmten Einrichtungen, zum Beispiel Krankenhäusern und Gaststätten, können Ausnahmen gemacht werden. Ebenso sind Abweichungen durch individuelle Pausenregelungen, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen möglich. Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat, muss dieser auf jeden Fall in Pausenregelungen jeder Art einbezogen werden, da er ein Mitbestimmungsrecht über die Lage und Dauer der Pausen hat.
Vieles ist möglich
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber aber das Direktionsrecht. Deswegen darf er auch festlegen, wann die Mitarbeiter ihre Auszeit nehmen. Ob diese in ihrer Mittagspause Sport treiben, mit den Kollegen essen gehen oder einfach nur chillen, ist allein ihre Sache. Sie sind für die Dauer ihrer Pausen freigestellt und erhalten keine Vergütung. Deswegen ist es auch grundsätzlich nicht verboten, das Betriebsgelände zu verlassen, um mit der besten Freundin shoppen zu gehen.
Hier ist dennoch Vorsicht geboten, da räumliche Einschränkungen durch tarif- und arbeitsvertragliche Regelungen möglich sind. Allerdings wird kaum ein Gesetz häufiger gebrochen als das Arbeitszeitgesetz, wenn man mal von Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr absieht. Dabei können die Strafen durchaus empfindlich sein. Wer als Arbeitgeber die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes einfach ignoriert, riskiert ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro. Schlimmstenfalls kann er sich sogar strafbar machen und zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden. Übrigens begehen Betriebe auch schon eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie erlauben, dass ihre Belegschaft auf die vorgeschriebenen Pausen verzichtet.
In vielen Betrieben hat sich inzwischen zwar schon einiges bewegt. Einige Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern sogar Fitness- und Entspannungsprogramme in der Mittagspause an. Die Realität zeigt aber immer noch, dass sich oft keiner ernsthafte Gedanken über Verstöße gegen die vorgeschriebenen Regelungen macht. Das muss niemand hinnehmen. Dennoch empfiehlt es sich diplomatisch vorzugehen. Ein klärendes Gespräch mit dem Chef oder dem Betriebsrat kann häufig schon weiterhelfen.
Kommt man hier jedoch nicht weiter oder ist sogar die Gesundheit gefährdet, sollte man sich ohne schlechtes Gewissen an einen Rechtsanwalt wenden.
Bild: cuncon; jamesoladujoye (Sad Desk Lunch); StartupStockPhotos (Baseball-Handschuhe im Büro)
Mehr seinsart zu #berufung:
Nichts als Arbeit | Wie Sie auch beruflich die Dinge selbst in die Hand nehmen
Ich arbeite, also bin ich… glücklich? | Gute Gesellschaft macht glücklich