Am heutigen Tag etwas über Hillary Clinton und Donald Trump zu schreiben ist in etwa so notwendig wie nichts über das Thema Clinton-Trump zu schreiben. Wir haben uns deshalb gegen sinnlose Hofberichterstattung und Besserwisserei entschieden und stellen Ihnen stattdessen zur Feier des heutigen Wahltags in den USA 7 populäre Mythen bezüglich der amerikanischen Präsidentschaft vor:

 

1. Die kleinen Präsidentschafts-Kandidaten haben keinerlei Bedeutung in den USA.

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Falsch: Diesem Mann hier oben, Ralph Nader von den Grünen, ist es zu verdanken, dass im Jahr 2000 nicht der Umweltschützer Al Gore, sondern der spätere Terror(be)kämpfer George W. Bush zum Präsidenten wurde. Die Stimmen, die der grüne Präsidentschaftskandidat in Florida erhielt, fehlten dem Demokraten Al Gore zum Sieg in einem wahlentscheidenden Bundesstaat.

 


2. Hillary Clinton ist schon die zweite Anwärterin dieses Namens auf das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten.

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Falsch: Schon einer der Herausforderer George Washingtons trug den Namen Clinton: Der spätere Vizepräsident der USA George Clinton verlor zuvor gleich zweimal die Wahl um den Chefposten im Land – 1792 gegen George Washington und 1796 gegen dessen Nachfolger John Adams. Sein Neffe, DeWitt Clinton, versuchte es 1812 übrigens nochmal mit der ganz großen Kandidatur. Er verlor allerdings gegen James Madison, den vierten Präsidenten der Vereinigten Staaten. Hillary ist also die vierte Bewerberin dieses Namens.

 


3. Schade, dass Obama nicht noch einmal antreten durfte. Aber länger als 8 Jahre regiert man höchstens in Deutschland – oder Russland!

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Falsch: Als dieses Foto von Präsident Roosevelt entstand, hatte er bereits den dritten Wahlsieg in Folge errungen. Franklin D. Roosevelt (nicht zu verwechseln mit einem seiner Vorgänger und Onkel 5. Grades, Theodore Roosevelt!) regierte damit übrigens genauso lang wie sein Kriegsgegner Adolf Hitler – von 1933 bis 1945; beide überlebten das letzte Kriegsjahr nicht, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

 


4. Die Demokraten waren schon immer die liberalere der beiden großen Parteien; kein Wunder, dass sie den ersten schwarzen Präsidenten der USA nominiert haben.

President Barack Obama, First Lady Michelle Obama, and their daughters, Sasha and Malia, sit for a family portrait in the Oval Office, Dec. 11, 2011. (Official White House Photo by Pete Souza) This official White House photograph is being made available only for publication by news organizations and/or for personal use printing by the subject(s) of the photograph. The photograph may not be manipulated in any way and may not be used in commercial or political materials, advertisements, emails, products, promotions that in any way suggests approval or endorsement of the President, the First Family, or the White House.Ê

Falsch: Die Republikaner wurden 1854 mit dem Ziel gegründet, die Sklaverei abzuschaffen – die die Demokraten bis dahin zäh verteidigten. Der Switch von der konservativen zur liberalen Partei erfolgte erst weit später: 1948 traten viele der aus den Südstaaten stammenden Vertreter der Rassentrennung aus Protest gegen einen Parteitag aus der Partei der Demokraten aus und ermöglichten so den Einzug der Familie Obama ins Weiße Haus.

 


5. Das Spannende bei Präsidentschaftswahlkämpfen: Es sind jedes Mal neue Konstellationen zu sehen, selbst wenn der Amtsinhaber noch einmal antreten darf.

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Falsch: 1956 gab es eine Art politisches Deja-vu: Wie schon 1952 traten Dwight D. Eisenhower und Adlai Ewing Stevenson II. gegeneinander an – übrigens mit dem gleichen Ergebnis. Ob es am Namen gelegen hat? Die Ordinalzahl hinter dem Namen des Demokraten scheint jedenfalls Programm gewesen zu sein: Stevenson (siehe Bild) wurde beide Male nur Zweiter und nahm schließlich seinen Hut.

 


6. Die USA werden von einer jüdischen Clique regiert.

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Falsch: Dieses populäre Vorurteil stammt aus der Zwischenkriegszeit und dürfte nicht zufällig gleichzeitig mit der Propaganda der Nationalsozialisten entstanden sein. In Wirklichkeit wäre mit dem knapp gescheiterten Kandidaten Bernie Sanders das erste Mal ein Jude Präsident der Vereinigten Staaten geworden – der allerdings so gar nichts mit der „Wallstreet“ und der „Fed“ am Hut haben will. Amerikanische Präsidenten waren durch die Bank Christen. Pluralismus herrschte hingegen in der Frage der Konfession: Die USA regierten z.B. 4 Baptisten, 3 Methodisten, 1 Katholik und 2 Quäker. Spitzenreiter sind die Anhänger der Episkopalkirche; heute nur noch Heim für etwa 0,8% der US-Amerikaner stellte sie mehr als ein Viertel aller bisherigen Präsidenten.

 


7. Donald Trump ist ja eigentlich ein Bayer!

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Falsch: Die „Birther“-Legende, die beide gegenwärtigen Präsidentschaftskandidaten – Hillary Clinton und Donald Trump – zu unterschiedlichen Zeiten gegen Barack Obama ins Felde geführt haben, besagt: Obama ist gar kein „echter“ Amerikaner, da er in Afrika geboren sei – und somit unwählbar für das höchste Amt des Landes. Auf Donald Trump trifft sie ebenfalls nicht zu. Zwar stammen seine Großeltern aus dem damaligen Königreich Bayern, aber schon Trumps Vater Friedrich Trump (Trump wie „Lump“; im Bild ganz links) wurde – ebenso wie er – in New York City geboren.

 

Bilder: Pete Souza – White House (Titel), Don LaVange (Nader), Chatham House (Clintons), Associated Press photograph (Roosevelt), U.S. News & World Report Magazine (Stevenson), Official portrait by Pete Souza of the Obama family in the Oval Office, Gage Skidmore (Sanders), unbekannt (Trumps)

 

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Written by Nicolas Flessa

Nicolas Flessa studierte Ägyptologe und Religionswissenschaft. Der Chefredakteur von seinsart drehte Spiel- und Dokumentarfilme und arbeitet heute als freischaffender Autor und Journalist in Berlin.

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