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Das Straßenbild Berlins ist bunt, viele Kulturen und Sprachen bestimmen das facettenreiche Gesicht dieser außergewöhnlichen Metropole. In den letzten Jahren ist ein Aspekt präsenter geworden, den die deutsche Hauptstadt lange vermisst hat. Denn nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war es keine Selbstverständlichkeit, jüdisches Leben in Deutschland in der Öffentlichkeit anzutreffen. Für viele Juden waren die Wunden der Shoah noch zu frisch und der Graben zwischen Opfern und Tätern zu tief. Dieses Jahr erleben wir das 70. Jubiläum des Endes des Krieges und der Befreiung der Konzentrationslager.

Während auf den Gedenkveranstaltungen die letzten Überlebenden von ihren herzzerreißenden teils grausamen Erinnerungen erzählen, hört man in einigen Gegenden der Stadt wieder Hebräisch und sieht vereinzelt auch Menschen mit Kippa oder in orthodox-chassidischer Tracht. Immer mehr jüdische Menschen zeigen ihren Glauben öffentlich bzw. verstecken ihre Herkunft nicht. Berlin profitiert von dem erstarkten Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinden und der zahlreichen jungen Israelis, die Berlin für sich entdecken. Die Anziehungskraft Berlins ist besonders unter Künstlern, Musikern und Kreativen weiterhin hoch. So überrascht es nicht, dass sich inzwischen mehrere Zehntausend Israelis in der deutschen Hauptstadt ansiedeln und neu erfinden – nicht selten als Gründer eines israelischen Restaurants in Berlin.

 

Servieren und Auflegen: Das Café Gordon

So beispielsweise auch Doron Eisenberg. Er ist Komponist, Produzent und Gastronom in einem und produziert seit 2008 elektronische Musik. Legotek – so heißt sein Indy-Label, das ausschließlich auf Vinyl presst. Nach der Shoah lebte die Familie zwar in Israel, aber verlor nie den Bezug zu Deutschland. Doron ist der Erste seiner Familie, der Berlin wieder zu seinem Lebensmittelpunkt macht. Hier hat er in Neukölln das Gordon eröffnet, ein Café, das auch zugleich der Plattenladen seines Labels ist.

Im Gordon trifft man auf authentisches israelisches Essen in Berlin – in einer minimalistischen Umgebung. Regelmäßig finden im Gordon Events statt, bei der internationale Künstler ausstellen und auflegen. Ein einzigartiger Ort in Berlin, in dem die Liebe zur Musik und zum Essen noch gelebt wird.

Allerstraße 11 – Neukölln
Zum „Gordon“


 

Koscher und vegetarisch: Das Café Shiloh

Das Zusammenspiel von Kultur und Kulinarik scheint diese neue deutsch-israelische Freundschaft zu prägen. Auch im Café Shiloh in Berlin Mitte, wo die Besitzerin Keren Shahar vegane und vegetarische koschere Küche anbietet, fallen als erstes die Bilder an den Wänden auf. Es sind Eindrücke aus Jerusalem, Kerens Heimatstadt, die untermalt werden von israelischer Popmusik, während man die authentische Nana-Limonade mit Zitronen und frischer Minze genießen kann. Keren bietet in ihrem kleinen Refugium einen Ort der Begegnung für Menschen aus der Nachbarschaft – egal ob jüdisch oder nicht.

Im Sommer kann man im hinteren Raum des Cafés eine Leihbibliothek für hebräische Bücher finden und gelegentlich finden dort auch musikalische, literarische und künstlerische Veranstaltungen statt. Ansonsten lädt Keren zu Kochworkshops ein und bietet mit „Kerens Kosher Kitchen“ einen Catering-Service für private und geschäftliche Anlässe.

Torstraße 159 – Mitte
Zum „Café Shiloh“


 

Koscher-style: Das Restaurant Feinberg’s

Yorai Feinberg, der ebenso aus Jerusalem stammt, hat sich mit seinem Restaurant Feinberg’s eine kulinarische Oase in Schöneberg geschaffen. Der ehemalige Balletttänzer hat in vielen Metropolen gearbeitet und sich vor wenigen Jahren in Berlin einen neuen Traum erfüllt. Er sieht die vielfältigen israelischen Angebote in Berlin nicht als Konkurrenz: „Prenzlauer Berg und Charlottenburg – das ist wie Haifa und Tel Aviv.“ Im Feinberg’s bekommt man alle israelischen Klassiker geboten: Von Hummus und Falafel, über Kebab und Shakshuka bis hin zu Baba Ganoush. Gefillte Fish und Hühnersuppe gibt es nur zu besonderen Anlässen.

Die Gerichte sind „Koscher-style“, das heißt neben zahlreichen vegetarischen Gerichten, werden Milchiges und Fleischiges separat angerichtet und serviert. Aber auch ohne Hechsher-(Koscher)-Zertifikat erfreut sich das Feinberg’s einer großen Stammklientel und Yorai Feinberg begrüßt seine Gäste auch gern persönlich – und gilt nicht wenigen als Besitzer des besten israelischen Restaurants in Berlin.

Fuggerstraße 37 – Schöneberg
Zu „Feinberg’s“


 

Hummus mit Stil: Das Restaurant Djimalaya

Ofer Melech bezeichnet seine Küche ebenso als nicht ganz koscher. Doch das Angebot an frischem Hummus und verschiedenen Grillgerichten überzeugt jeden Gast im Djimalaya Restaurant auf der Invalidenstraße. Der an die Gebirgskette erinnernde Name versetzt jeden Israeli zurück in seine Pfadpfindertage, wo dieser Ausruf vor dem Essen erschallte. Allerdings bekommt man im Djimalaya seinen Hummus mit Stil serviert und nicht im Pfadfinderlager-Look. Anders als in Israel, wo Hummus Cafés eher zwanglose Orte sind, werden hier in Berlin auch gern schöne Weine in anspruchsvoller Atmosphäre serviert. A bissele Eretz in Berlin.

Invalidenstraße 159 – Mitte
Zum „Djimalaya Restaurant“


 

Knoblauch für Europäer: Die Hummus-Cafés Sababa und Zula

Wenige Gehminuten entfernt finden sich zwei weitere Hummus-Tempel. Zum einen das von Zeev Abrahami betrieben Sababa auf der Kastanienallee zwischen Berlin Mitte und Prenzlauer Berg und Eean Weinbergs Zula mitten im Kollwitzkiez unweit der größten deutschen Synagoge (Rykestraße). Die Betreiber der Hummus-Cafés verbindet nicht nur ihre israelische Herkunft, auch ihre Begeisterung für Berlin teilen sie. Ein Verständnis für die neue Kundschaft in Berlin haben sie auch schnell entwickelt und die Knoblauchdichte im Hummus verringert.

Im Zula wird das Knoblauchöl dann auch separat im Minikännchen angeboten, um den mitteleuropäischen Gaumen zu schonen. Inzwischen hat sich Hummus auch in Berlin von einer Beilage zu einem eigenen Gericht gemausert und ist nicht mehr wegzudenken aus der kulinarischen Landschaft Berlins. Koscher essen in Berlin – für Anfänger und Fortgeschrittene!

Kastanienallee 50 – Prenzlauer Berg
Zum „Sababa“

Husemannstraße 10 – Prenzlauer Berg
Zum „Zula“


 

Multikulti mit Aussicht: Das Restaurant Neni

Im westlichen Zentrum der Stadt direkt am Zoologischen Garten kann man Hummus mit der besten Aussicht genießen. In der obersten Etage des 25h Hotels hat Haya Molcho ein Kleinod gestaltet: das Neni Restaurant. Hier werden kleine Gerichte zum Teilen und Genießen geschaffen. Die Rezepte sind beeinflusst von der persischen, russischen, arabischen, marokkanischen, türkischen, deutschen und österreichischen Küche und füllen zahlreiche Kochbücher, die Haya Molcho nebenbei verfasst. Die Leidenschaft für israelisches Essen teilt sie mit ihrer ganzen Familie. In Österreich findet man Nenis Hummus sogar im Supermarkt, eine Expansion in andere Länder ist bereits geplant.

Budapester Straße 40 – Charlottenburg
Zum „Neni Restaurant“


 

Ein Restaurant für den Konditor: Der Kibbuz  scheinbar geschlossen!

Sehr familiär geht es auch im Friedrichshain zu, wo Barak Krips und Oz Ben David ein typisches Stück Israel kreiert haben. Der Kibbuz ist ein Ort der von Gemeinschaft und Gemeinsamkeit geprägt ist. Die beiden Gründer haben viel Unterstützung bei der Eröffnung ihres kleinen Restaurants erfahren. Baraks Großvater gehört zu jenen, die während der Shoah aus Deutschland fliehen mussten. Er war Konditor und überlebte nur durch seine Flucht nach Haifa. In Israel führte die Familie die deutsche Konditorei Krips und vermittelte dem Enkel die Liebe zu Deutschland.

Trotz der ermordeten Familie im Konzentrationslager Dachau haben die Krips ihre deutschen Wurzeln nicht verloren und die Sprache bewahrt. Krips und David sind eine neue Generation in Deutschland, die hier Wurzeln schlägt und sich einbringt, nicht nur zur Wiederbelebung jüdischer Restaurants in Berlin. Gern unterstützen die beiden soziale Projekte in der Nachbarschaft mit Lebensmittelspenden. Auch das haben sie aus Israel mitgebracht, diesen Sinn für Gemeinschaft.

Ebertystraße 31 – Friedrichshain
Zum „Kibbuz“

 

In diesem Jahr feiern wir ein weiteres bedeutendes Jubiläum: 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Was am Anfang politisch angestoßen wurde, findet heute seine Fortsetzung im täglichen Leben. All diese Menschen und Orte bereichern Berlin kulinarisch, kulturell und generell. Wer das mit dem eigenen Gaumen schmecken möchte, ist herzlich eingeladen – in eines der israelischen Restaurants in Berlin.

 

Foto: Unsplash

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Posted by seinsart on Montag, 5. März 2018

 

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Written by Boris Moshkovits

Boris Moshkovits ist ein in Berlin ansässiger Cultural Entrepreneur. Der Gründer des berliner Magazins und ehemalige Digitalstratege des Cicero leitet heute u.a. die gesellschaftsphilosophische Veranstaltungsreihe d.day.

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